Die Geschichte vom heutigen Café-Restaurant „Bei der Giedel“ beginnt 1880 mit dem Kleinunternehmer Léonard Müllesch und seinem Traum einer Bergarbeiterkantine im Fond-de-Gras. Mit der Entdeckung des Thomasverfahrens 1879, regte sich hohes Interesse am Eisenerzvorkommen im Südwesten des Landes und auch Müllesch wollte sich an diesem Gewinn beteiligen. Léonard Müllesch wollte ursprünglich einen Massivbau aus Stein errichten, aber da die Bauzeit bis zu zwei Jahre betragen würde, entschied er sich für einen Holzbau, welcher nach knapp 10 Monaten fertiggestellt war. Bald darauf sah sich Müllesch mit ernsthaften Hindernissen in Form von staatlichen Genehmigungsstreitigkeiten konfrontiert, die er nur knapp mit Unterstützung der Gemeindeväter überwinden konnte.
Während Léonard Müllesch weiter als Bergmann arbeitete, führte seine Frau Anne Müllesch-Frantzen mithilfe von ihrer älteren Tochter Hélène das Wirtshaus. Nach Léonards Tod im Jahr 1890 fuhr Anne weiterhin das Geschäft fort und wurde neben Hélène nun auch von ihrer jüngsten Tochter Anne unterstützt. Als Hélène 1893 den Landwirt Paul Bosseler heiratete und im darauffolgenden Jahr eine Tochter namens Anne zur Welt brachte, wurde die Großmutter Anne Frantzen zur Taufpatin (lux. „Giedel“) dieses Kindes. Seitdem wurde sie von jedermann im Fond-de-Gras „Giedel“ genannt. Diese Angewohnheit übertrug sich dann auf die Großmütter der beiden weiteren Generationen sowie auch auf das Wirtshaus selbst.
Die jüngere Tochter Anne heiratete 1901 den Metzger und Wirt Jean Klensch und verließ den Fond-de-Gras, womit die Wirtin „Giedel“ Anne Frantzen nun alleine das Wirtshaus leitete. Als 1907 ein im „Klengblénken“ gelegenes Wohnhaus, welches für Geschäftszwecke ideal war, zum Verkauf angeboten wurde, hat die „Giedel“ Anne diese Gelegenheit genutzt und es unter dem Namen ihres Schwiegersohnes Klensch gekauft, um sich vor jeglicher Konkurrenz im Wirtsbereich zu schützen. Allerdings erschütterte kurz darauf ein unterirdischer Grubeneisturz die Grundmauern dieses Hauses.
Im Jahre 1915 starb die jüngere Tochter Anne und ihre Schwester Hélène übernahm das Wirtshaus und wurde zur neuen „Giedel“. Sie gestaltete das Hausinnere so um, wie es von der Raumaufteilung her noch heute besteht. Danach übernahm ihr Sohn Paul Bosseler die Wirtschaft mit seiner Frau Elise Gries.
Während den Kampfhandlungen im Zweiten Weltkrieg suchte die Familie Bosseler-Gries in einem Mineneingang Zuflucht vor den deutschen Infanterietruppen, wo sie durch die Galerien bis nach Rollingen gelangten und dann von Pétange aus mit der Bahn bis nach Ettelbrück evakuiert werden konnten. Während der Besatzung Luxemburgs, als die Bezeichnung des Ortes Fond-de-Gras im Zuge der Verdeutschungskampagne zu „Erzgründchen“ geändert wurde, kehrte die Familie zu ihrem geliebten Wirtshaus zurück. In der Nachkriegszeit nahm die Erzgewinnung inmitten des Wiederaufbaus Europas wieder Fahrt auf und das Wirtshaus wurde zu einer kleinen Sensation. 1966 starb Hélène, die zweite „Giedel“, im Alter von 93 Jahren.
Mit dem Erliegen des Bergbaus in Fond-de-Gras im Jahr 1954, endete auch die traditionelle Kundschaft, die aus Grubenarbeitern bestand. Jedoch war es durch viele einheimische Besucher und alte Bekannte nicht das Ende für das Wirtshaus „Bei der Giedel“. Mit der offiziellen Inbetriebnahme des Train 1900 im Jahr 1973, entdeckten außerdem viele Sonntagsausflügler das Wirtshaus. Auch mit der Stahlkrise von 1978, stieg die Anzahl von Vorruheständlern und Pensionären, die hier einen neuen nostalgischen Treffpunkt gefunden haben.
Im Jahr 1985 starb Paul Bosseler. Sein Ableben spiegelte nicht nur das Verschwinden eines Teils des alten Fonds-de-Gras, sondern auch das Ende des eigenständigen Wirtshaus von der Familie Bosseler-Gries.
Am 1. Januar 1986 erfolgte die Übernahme des Lokals durch Henriette Schmit aus Petingen. Schon zwei Jahre zuvor wurde nach dem Wiedereintritt von Robert Krieps ins Kulturministerium, ein Projekt zur Erhaltung der Denkmäler der industriellen Vergangenheit ausgearbeitet. Das historische Wirtshaus sollte im Industrie- und Eisenbahnpark als eine der Hauptsehenswürdigkeiten weitergeführt werden. Im Jahr 1986 erhielt der Staat die einmalige Gelegenheit das Vermächtnis der Familie Bosseler-Gries zu erwerben. Woraufhin die staatliche „Commission des Sites et Monuments“ mit der Renovierung des historischen Anwesens begann, welche am 1. April 1990 abgeschlossen wurde. Nach der umfangreichen Renovierung blieben vom ursprünglichen Gebäude nur die Haustür, die Fenster und die Klappläden als originale Bestandteile übrig.